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Geschichten

 

 

Essig: Experimentieren, Inspiration und Geschichte

Essenzen, Hölzer, Düfte und die kontinuierliche Suche nach einem Produkt, das so viel mehr ist als einfache Würze: in der Essigfabrik mit Ruth und Andrea.

Essig hat einen starken Charakter, der Spuren hinterlässt. Im Mund, als Reiz zur Speichelbildung, zur Unterstreichung der Säure eines Gerichts oder zum Hervorheben einer süßen und aromatischen Note. In unserem Körper, dank seiner anerkannten desinfizierenden, wohltuenden und Arzneiwirkung.
Eine faszinierende Geschichte, die uns an den Anbeginn der Zeit zurückkehren lässt, zu einem Produkt, das aus unserer Küche und unseren Gerichten nicht mehr wegzudenken ist: Vom Balsamico bis hin zum Wein-, Apfel- oder Honigessig ist der Essig eines der häufigsten Würzmittel, die verwendet werden, um einen Salat anzumachen, zu marinieren und Gemüse einzulegen (Wer hat nicht Gläser mit Eingemachtem im Haus?), als Weichmacher für Fleisch oder um ein Dessert zu verfeinern.
Verschiedene Arten für verschiedene Geschmäcker, auf der Entdeckung des Potentials eines Produkts, das dank der großen Lust, etwas Neues auszuprobieren und der Neugier, die die zeitgenössische Küche auszeichnet, gerade einen Boom erlebt.
Die Verwendung des Essigs, vor allem in seiner besonders aromatischen Ausführung, kann, so Andrea, spielerisch erfolgen. Ein Element, dass die Kreativität unterstützt, mit Düften und Aromen bereichert und dazu beiträgt, den Geschmack jedes Gerichts neu zu formen.

Die Essigfabrik Bonfigliol: Das Entstehen einer perfekten Alchemie

Giuliano arbeitet mit Holz, er restauriert es und lehrt, wie man es am besten behandelt. Er ist kein Weinbauer und auch kein Essigliebhaber, und trotzdem haben ihn das Schicksal und seine Neugier dazu gebracht, sich für den Balsamico-Essig und seine Tradition zu begeistern.
Vor fünfzehn Jahren hat er den Zauber erstmals erahnt und seitdem nicht aufgehört, zu lernen, auszuprobieren und zu kreieren.
Eine Essigfabrik gleicht dem Labor eines Alchemisten. Um einen Essig herzustellen, sind lange, komplexe und aufwändige Prozesse vonnöten. Die Arbeit erfordert die umfassende Kenntnis der chemischen Prozesse, viel Geduld und Präzision.
In seiner Essigfabrik stellt Giuliano gealterten Weinessig und Balsamico-Essig im Stile Modenas her, wobei er jedoch nur lokale Rebsorten, wie Raboso, Merlot, Cabernet, Glera und Pinot Bianco verwendet.
Für die Herstellung des Balsamico-Essigs verwendet er frischen Most (nicht zu stark gepresst, um mehr Produkt zu erhalten), der lange gekocht wird, um eine Zuckerkonzentration zu erreichen, die genügt, um die alkoholische Gärung und die Essigsäurebildung zu starten. Im Frühling wird der Essig in Fässern mit gestaffeltem Fassungsvermögen gelagert.
Auch für den Weinessig verwendet er frischen, stets geprüften Most, dessen Gärung nicht bis zum Ende vollzogen wird und dem gereifter Essig vom Vorjahr hinzugefügt wird, wenn der richtige Zuckergehalt erreicht ist, um die Essiggärung zu starten. Der Essig reift in Stahltanks und wird dann in die Fässer gefüllt.
Er ist ein Verfechter von langen Gärungszeiten, so wie man es ihn gelehrt hat, um seinen Produkten mehr Duft zu verleihen. Er verwendet also keine „Essigmutter“, die während der Essigsäurebildung entstehen kann. Im Gegenteil. Er entfernt diese, um zu verhindern, dass unangenehme Gerüche entstehen, die die Natur des Produkts verfälschen.

Vom Holz zum Kürbis, kreatives Arbeiten mit Geschmack, Duft und Aromen

Als eingefleischter Holzkenner hat Giuliano Freude daran, Essenzen zu verwenden, die traditionell nicht eingesetzt werden, wobei er das Ergebnis und die Wirkung auf das Endprodukt aufs Genaueste analysiert.
Für die hellen Essigsorten verwendet er helle Hölzer wie Esche, Akazie und Lorbeer, für die roten Kastanie, Eiche, Kirsche, Maulbeere, Esche, Kirschpflaume und weitere, um besondere, neue Aromen zu erhalten, die abseits der „ausgetretenen Pfade“ liegen.
Wenn die Hölzer zu aromatisch sind, werden sie als Zusätze oder zum Auffüllen verwendet, wie im Falle des im Wacholder gereiften Essigs.
Auch die Porosität ist von großer Bedeutung. Die Hölzer befinden sich daher in einer bestimmten Reihenfolge, da der Essig, um seine maximale Säure zu entwickeln, Luft benötigt. Dies erfolgt in den Fässern, die sich normalerweise in der Mitte der Reihe befinden.
Giuliano ist auch was die Behälter angeht sehr experimentierfreudig.
Neben den klassischen Holzfässern hat er sich auch für die Verwendung von Amphoren entschieden, die für Wein seit der Zeit der alten Römer verwendet werden und die, genau wie die Holzfässer, in Reihe aufgestellt und mit Kastanienblättern abgedeckt werden.
Er wird nie müde, neue Möglichkeiten zu entdecken. Deswegen hat er beschlossen, auch Kürbisse als Behälter für die Reifung und zur Verfeinerung eines besonders würzigen Balsamico-Essigs zu verwenden, wobei er sich den milden Geschmack der Kürbisfrucht zunutze macht.

Vom Garten auf den Esstisch durch Lernen von der Natur

Inspiration und Leidenschaft sind die Motoren der Kreativität. Der Respekt für und das Lernen von der Natur sind die Grundpfeiler der Qualität. Giuliano kreiert seine Essenzen aus dem, was er anbaut und was in seinem Garten wächst. Von seiner Intuition geführt, lässt er Rosenblütenblätter im Raboso-Wein fermentieren, um einem leicht herben Wein eine mildere Note zu verleihen. Er verwendet Orangen und Orangenblüten für mehr Frische und weil er Zitrusfrüchte besonders gern mag. Er benutzt Radicchio für einen Essig mit intensivem Geschmack nach Torf, Unterholz und Pilzen.
Genau wie Ruth und Andrea folgt Giuliano den Rhythmen der Natur, schätzt die saisonalen Produkte und nutzt ihr Potential für seine Produktion. Die Einzigartigkeit seines Essigs liegt, neben seiner geduldigen und leidenschaftlichen Arbeit, gerade darin.

 

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